Sonntag, 18. Mai 2014

“Ist der Titel Steuerberater bald nichts mehr wert?”
Es geht bei dem Thema nicht darum, ob der Anteil von Frauen in der Beraterschaft zunimmt, auch wenn man(n) sich darüber lustig machen kann. Wenn man das Thema ernsthaft diskutiert, dann geht es eher darum, dass einigen Prognosen zufolge bis 2020 die 100.000-Berater-Marke überschritten wird. Natürlich war der Titel früher mehr wert, wobei “früher” wohl am ehesten die 60er bis 80er Jahre meint, in denen die deutsche Wirtschaft ein robustes Wachstum zeigte. Viele (nach dem Zweiten Weltkrieg neu gegründete) Unternehmen mit ordentlichen Gewinnen in neuen Märkten trafen auf eine recht kleine Beraterschaft. Da versteht es sich, dass die Dienstleistung “Steuerberatung” einen hohen Wert hatte und die Beraterschaft vom Wirtschaftsboom ordentlich profitiert hat. Heutzutage zeigt sich allerdings ein ganz anderes Bild. Die Beraterschaft wird, wenn man sich die Statistik ansieht, immer größer, während die deutsche Wirtschaft längst nicht mehr das ist, was sie einmal war. Während die Berater bisher von einem ordentlichen Wirtschaftswachstum profitiert haben, sehen sie sich nun mit Unternehmen konfrontiert, deren Gewinne stagnieren oder in größerer Zahl zahlungsunfähig werden, womit dann auch die Mandate verschwinden. Die “Claims” am Beratermarkt sind weitgehend abgesteckt und neue Berater treten in einen gesättigten Markt ein, der möglicherweise in Zukunft übersättigt sein wird, sofern das Wirtschaftswachstum über einen längeren Zeitraum stagniert oder rückläufig sein wird. Viele nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete Unternehmen stehen vor einem Generationenwechsel, der nicht selten dazu führt, dass die Tätigkeit aus Altersgründen schlicht eingestellt wird, weil kein Nachfolger gefunden wird. Neue Berater müssen sich dann, wenn sie sich selbständig machen, mit Kleinstunternehmen wie Imbiss-Buden oder Kleingewerbetreibenden begnügen, eben solche Mandanten, die am Markt noch übrig sind. Vor diesem Hintergrund ist der Titel Steuerberater künftig tatsächlich weniger wert als er es einstmals gewesen ist.
Diese Situation hat einen Vorläufer, nämlich die Rechtsanwälte.

1 Kommentar:

  1. Hallo Herr Moenikheim,
    ich denke dass Ihre Analyse vollkommen richtig ist. Am Ende wird nur die Spezialisierung einen Vorteil gegenüber Kollegen bringen. Interessantes Beispiel, ein Kollege aus Bayern: www.der-onlinesteuerberater.de. Hier gibt es eine konsequente Spezialisierung auf Kleinstbetriebe und eine dazu passende kostenfreie Onlinebuchhaltung. Letzteres ist sicherlich eine nette Idee, aber zeigt auch das Dilemma auf: Das Internet ist der neue Vertriebsweg, zugleich aber immer noch mit einer Gratiskultur. Es gibt mittlerweile Portale, auf denen man seine Steuererklärung für 9,90€ erledigen kann. Die Qualität spielt da dann keine Rolle. Das ist aber unsere große Chance: Qualität und Nische. sobald es etwas komplexer wird und man deklaratorische Aufgaben verlässt, muss der Profi ran.Bg H. Genopka

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